29.06.2023
  • Übung

Angenommener Gefahrstoffunfall auf einem Werksgelände

Säureaustritt und zwei Verletzte – Feuerwehren und Messzug trainieren den Ernstfall

Waging. „Unfall mit Gefahrstoffaustritt, zwei Personen verletzt“, so lautete die Meldung bei einer Einsatzübung auf dem Werksgelände der Firma Bergader Privatkäserei in Waging. Übungsannahme war, dass bei einem Arbeitsunfall mit einem Gabelstapler ein Gebinde mit Salpetersäure beschädigt wurde und der Gefahrstoff unkontrolliert austritt. Durch eine chemische Reaktion entstanden giftige nitrose Gase. Diese Stickoxide reizen die Atemwege, gesundheitliche Schäden können auch erst nach mehreren Stunden bemerkt werden. Beteiligt war neben der örtlich zuständigen Feuerwehr Waging am See noch die Tachinger Feuerwehr sowie die Feuerwehren aus Traunstein und Kammer, die im Landkreis Traunstein den sogenannten „Messzug Süd“ bilden.


Erstes eintreffendes Fahrzeug war der Einsatzleitwagen aus Waging. Nach einer sofortigen Erkundung des Schadensgebietes und der Befragung eines Werksangehörigen durch den Einsatzleiter stellte sich heraus, dass neben dem Austritt der Salpetersäure auch noch zwei Personen verletzt sind. Farbige Rauchbomben sorgten für eine realistische Darstellung der Lage. Neben den Absperrmaßnahmen hatte die Rettung der verunglückten Personen aus dem Gefahrenbereich höchste Priorität. Hierzu ging ein Trupp bestehend aus drei Atemschutzgeräteträgern vor. Da sich diese Einsatzkräfte im direkten Gefahrenbereich befanden, musste parallel eine Stelle zur Sofortdekontamination von Personal und Gerät an der Grenze zum Gefahrenbereich aufgebaut werden. Gullys wurden abgedichtet, um eine Ausbreitung der Flüssigkeit ins Kanalnetz zu verhindern. Ein weiterer Trupp unter speziellen Chemikalienschutzanzügen verschloss das Leck und pumpte den ausgetretenen Stoff mit Spezialpumpen ab.
Die Einsatzleitung hatte der Waginger Kommandant Michael Schramke mit Unterstützung des Fachberaters Gefahrgut und dem Sicherheitsbeauftragten der Firma Bergader übernommen. Im Einsatzleitwagen liefen die Fäden zusammen. Per Sprechfunk wurde stetiger Kontakt zwischen den eingesetzten Kräften und zur Integrierten Leitstelle in Traunstein gehalten. Um sich einen besseren Überblick und verschiedenen Arbeitsbereiche zu verschaffen, wurde die Einsatzstelle in drei Abschnitte aufgeteilt. Die Feuerwehr Waging war mit dem Tanklöschfahrzeug, dem mitgeführten Umweltschutzanhänger, sowie mit dem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug im unmittelbar betroffenen Abschnitt „Gefahrenabwehr“ eingesetzt. Das First-Responder-Fahrzeug mit seiner Besatzung diente bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zur Erstversorgung der Verletzten. Als Einsatzabschnittsleiter im Bereich „Gefahrenabwehr“ war Thomas Pfeffer tätig. Die Wehr aus Taching übernahm mit ihrem Löschgruppenfahrzeug und dem Gerätewagen Logistik unter der Führung von Michael Lechner den Abschnitt „Dekontamination“.


Der Messzug, bestehend aus dem Gerätewagen Atemschutz/Strahlenschutz, einem Einsatzleitwagen, sowie einem Mannschaftstransportwagen der Feuerwehr Traunstein und dem Tragkraftspritzenfahrzeug-Logistik der Kammerer Wehr, erhielt einen fixen Platz in unmittelbarer der Nähe zur Einsatzleitung und übernahm gleichzeitig die Aufgabe im Ortsgebiet Waging eventuelle Schadstoffe festzustellen. Den Einsatzabschnitt „Messen“ hatte der Leiter des Messzuges, Maximilian Schubert, inne. Neben verschiedenen Nachweisgeräten stehen auch umfangreiche Stoffdatensammlungen zur Verfügung. So ist eine eventuelle Ausbreitungsabschätzung von Schadstoffwolken mit einer speziellen Software, digitalem Kartenmaterial in Kombination mit aktuellen und prognostizierten Wetterdaten möglich. In einem Ernstfall könnte dann die Bevölkerung im betroffenen Bereich unter anderem mit Durchsagen gewarnt werden, um beispielsweise Fenster und Türen zu schließen.


Ausgearbeitet wurde die Übung von Martin Pöllner von der Feuerwehr Waging in seiner Funktion als örtlicher Fachberater für Gefahrguteinsätze. „Das Teamwork der eingesetzten Feuerwehren und auch die Zusammenarbeit in der Einsatzleitung funktionierte reibungslos“, so der Spezialist für Gefahrguteinsätze. Sein Dank galt allen Übungsteilnehmern und der Bergader Privatkäserei, die ihr Firmengelände zur Verfügung gestellt hat. Kommandant Michael Schramke bekräftigte ebenfalls die Wichtigkeit solcher Übungen. „Im Vorfeld gilt es natürlich unser Feuerwehr-Handwerk und den Umgang mit der Ausrüstung zu beherrschen. Die „Königsklasse“ ist dann das wichtige Zusammenspiel der verschiedenen Einheiten, um im Ernstfall erfolgreich arbeiten zu können, die Rettung der Personen und den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten“.

Text
Thomas Pfeffer
Kreisfeuerwehrverband Traunstein

Bilder
Thomas Pfeffer, Kreisfeuerwehrverband Traunstein
Feuerwehr Traunstein